Der bayerische Ministerpräsident Söder bietet Bundeskanzler Scholz ganz offen einen Wechsel der Regierungskoalition im „laufenden Betrieb“ an. Die SPD soll das Regierungsbündnis mit den Grünen und der FDP beenden und stattdessen mit der Union weiterregieren, da die aktuelle Regierung nicht in der Lage sei, die aktuellen schweren Probleme zu bewältigen. CDU-Mann Dobrindt spricht von einer „schweren Krise unserer Republik“. So eine spannende Situation gab es in der deutschen Politik schon lange nicht mehr.
Aber brennt es wirklich? Und wäre Söders Vorschlag die
Lösung? Untersuchen wir das.
Beginnen wir hier: seit 1949 wird Deutschland durchgehend
von der CDU und der SPD regiert, noch keine andere Partei hat den Bundeskanzler
gestellt. Teilweise war auch die FDP an der Regierung beteiligt, kurze Zeit
auch die Grünen. In all dieser Zeit wurden Probleme ignoriert, kleingeredet
oder nur halbherzig und kurzfristig gelöst. Immer wurden Wirtschaftswachstum
und Profit an erste Stelle gesetzt, wenn es um wichtige Entscheidungen ging.
Dieses jahrzehntelange fehlerhafte Handeln ist die Ursache der Probleme, die
wir jetzt haben. Laut den Herren Söder und Dobrindt sei Migration das
derzeitige Hauptproblem. Ist das so? Die Zahl der Asylanträge 2023 ist zwar
höher als im Vorjahr, aber deutlich niedriger als 2015 und 2016. Ja,
Einwanderung ist immer wieder eine Herausforderung, für beide Seiten, und
erfordert gute Organisation. Aber sie ist ganz definitiv nicht das größte derzeitige
Problem in Deutschland. Aber meinen die Herren Söder und Dobrindt auch das, was
sie sagen? Nein, das eigentliche Problem, das Söder und Dobrindt hier ansprechen,
heißt AfD. Eine Partei, die keinerlei Alternative darstellt, da sie größtenteils
das gleiche Programm verfolgt wie die FDP (also Politik für Reiche und
Großunternehmen), und das mit etwas Nationalismus und gar Rechtsradikalismus
garniert. Aus nicht mit Vernunft nachvollziehbaren Gründen sammelt diese Partei
derzeit immer mehr Wähler in ihrem Fanclub. Weil sie so tut, als würde sie sich
für die Belange der einfachen Bürger interessieren (tut sie nicht) und als
hätte sie Lösungen für alle Probleme parat (hat sie nicht). Das macht den anderen
Parteien Angst. Und womit schürt die AfD das Feuer im Volk? Na wie sich das für
eine rechtsgerichtete Partei gehört natürlich mit beharrlichen Hinweisen
darauf, dass die Flüchtlinge an allem schuld seien (woher kennen wir das
nur?...). Was also tut die Union? Sie fürchtet Neuwahlen, da dann die AfD
stärker werden würde, und nimmt daher deren Thema als Argumentation zu eigenen
Zwecken auf.
Kurz zur Seite geblickt: diese angebliche „Flüchtlingskrise“
ist ein Kinkerlitzchen im Vergleich zu den hunderten Millionen flüchtenden
Menschen, die sich in den nächsten Jahrzehnten wegen den Folgen von
Klimaerwärmung und Umweltzerstörung auf den Weg machen werden (aber ja, diese
Themen sind ja jetzt gerade wieder total unwichtig). Und woher kommen die meisten
Zuwanderer überhaupt? Aus Syrien, Afghanistan und der Ukraine. Ländern, in denen
Krieg herrscht. Zu den Ursachen dieser Kriege gehört über lange Zeit hinweg
betriebene falsche Außenpolitik des „Westens“, unter anderem also auch
Deutschland (angeführt von Union und SPD). Beispielsweise bot das Festhalten an
der NATO nach dem Zusammenbruch des Ostblocks den Nährboden dafür, dass ein
Herr Putin in Russland überhaupt groß und stark werden konnte.
Nein, Rot-Grün-Gelb macht keinen guten Job in Berlin. Eine tatenlose
und profilschwache SPD, eine ständig blockierende FDP, und die Grünen, die es
zwar gut meinen, aber dabei den Blick für die Realität verlieren und Stück für
Stück ihre Ideale über Bord werfen – das kann nicht gut gehen. Aber was diese derzeitige
Regierung, wenn man sie so nennen kann, versucht, ist auch wirklich eine
undankbare Aufgabe: die Aufarbeitung der unzähligen Fehler, die durch das
Versagen der vorherigen Regierungen hinterlassen wurden. Und jetzt will
ausgerechnet die Union, die für dieses Versagen die Hauptverantwortung trägt, Retterin
in der Not sein? Und zwar zusammen mit der SPD, die in der Reihe der „Altlastenverantwortlichen“
auf Platz 2 liegt, und die in der momentanen Regierung die schwächste Leistung
zeigt?
Also ja: es brennt wirklich. Aber die Brandherde liegen ganz
woanders.
Es ist also zu hoffen, dass die deutsche Bevölkerung bei
dieser schmierigen Komödie nicht mitspielt, sondern Neuwahlen fordert. Und bei
diesen Neuwahlen sollte dann endlich einmal ein Großteil des Wahlvolkes den Mut
aufbringen, neue Parteien mit neuen Ideen in den Bundestag zu wählen. Die „Alten“
hatten lange genug ihre Chance, und haben ausreichend bewiesen, dass sie es
nicht können.